von Otto und Eva Schönberger
<CARMINA DE VIRIS INLUSTRIBUS. – Poetae Latini minores, rec. Aemilius Baehrens, V, 1883, 396 f.>
Quisquis ad ista moves fulgentia limina gressus, Priscorum hic poteris venerandos cernere vultus, Hic pacis bellique viros, quos aurea quondam Roma tulit caelique pares dedit inclita virtus. Grandia si placeant tantorum gesta virorum, Pasce tuos inspectu oculos et singula lustra.
Wer du auch seist, der die Schritte hier lenkt zum prächtigen Tore, großer Ahnen würdiges Antlitz kannst du hier erblicken, starke Männer in Frieden und Krieg, die einst die goldne Roma gebar; ihr ruhmreiches Tun erhob sie zum Himmel. Wenn dir die herrlichen Taten so großer Männer gefallen, weide die Augen daran, betrachte genau ihre Züge.
1. Die Einleitung spricht den Leser werbend an, verkündet den Inhalt der Galerie, rühmt das alte Rom, fordert zu genauer Betrachtung der Büsten auf.
1. Quisquis ersetzt den sonst in Epigrammen angesprochenen „Gast“ oder Beschauer. Hier wird jedermann eingeladen. – ista weist auf die Bildergalerie; wo diese steht, erfährt man nicht. – fulgentia limina ersetzt eine Beschreibung von Gebäude oder Raum. Gemeint ist ein prachtvoller Eingang (vielleicht mit Inschrift; vgl. CLE 893,8 titulos limina nostra loqui) oder ein Gebäude.
2. Priscorum: Das Wort wirkt verklärend und gilt dem ganzen alten Rom (vgl. Vers 3 quondam, das bis zu Traian (20) reichen mag). – cernere vultus: anscheinend sind nur Büsten vorausgesetzt; das Antlitz kündet den ganzen Mann. Einzelzüge der Besprochenen finden sich fast nicht.
3. pacis bellique viros: Nur Politiker und Kriegshelden sind benannt. – aurea Roma ist ein Ausdruck, der seit Ovid, ars. am. 3, 113 gebräuchlich wurde und hier den städtischen Glanz Romas, aber auch seine glänzende Historie ausdrückt. – quondam: wohl besonders im alten Rom.
4. inclita virtus: Ruhmreiche Tatkraft, Auswahlprinzip für die Gerühmten. Auch in Vergils Heldenschau ist von inclita Roma gesprochen (Aen. 6, 781). Die ganze Stelle trägt vergilische Züge. – caelo pares: Wohl nach Vergil an derselben Stelle (6, 782): animos aequabit Olympo, was Servius erläutert: magnanimitate aequabitur caelo
5. Grandia gesta verweist wieder auf Politik und Krieg.
6. Pasce oculos: Vgl. Vergil, Aen. 8, 730 imagine gaudet. – singula: Die einzelnen Gesichtszüge oder (weniger wahrscheinlich) die Taten der Männer.
Hic nova qui celsae fundavit moenia Troiae, Urbem Romanam proprio de nomine dictam. Infantem gelidi proiectum ad Thybridis undas Uberibus fecunda piis Larentia pavit. Ausus finitimas praedari fraude Sabinas, Fortem fortis humi prostravit Acrona duello.
Dieser hier baute die ragenden Mauern des Neuen Troia, jene Stadt Rom, die man nach seinem Namen benannt hat. Ihn, der als Kind am eiskalten Tiberfluß ausgesetzt wurde, stillte Larentia hilfreich an ihrem nährenden Busen. Listig wagte er es, die Sabiner-Töchter zu rauben, fällte als starker Held den starken Acro im Zweikampf.
I. Romulus als Gründer. – Die Lesung hic liegt in den Handschriften vor und ist beizubehalten (vgl. 1,3; 4,2; 6,1 u.ö.). – Es müßte heißen: R. fundavit celsa moenia novae Troiae; die Adjektive sind im Text (aus metrischen Gründen) „falsch“ bezogen, was mehrfach vorkommt (Enallage).
1./2. Vergil-Nachahmung: Romulus … Mavortia condet moenia Romanosque suo de nomine dicet (Aen. 1, 276 f.). Bei Vergil auch: Romana moenia (Aen. 8, 714). Rom als Nova Troia (Aen. 2, 462; 3, 497 u. ö.).
II. Die Rettungs-Sage. – 3. Infantem: Remus wird nicht einbezogen. – Die Worte infans und proiectum unterstreichen die Grausamkeit der Aussetzung, ebenso die eiskalten Wogen (gelidi … undas).
4. In Vers 4 wird die Härte durch das Mitleid der Acca Larentia gemildert. Sie ist die Frau des rettenden Hirten Faustulus und Amme der Zwillinge Romulus und Remus.
III. Romulus als Mehrer und Schützer des Volkes. – 5. Er wagt es (ein „politisches“ Vergehen gegen Recht und Glauben), die Sabinerinnen durch Täuschung (fraude) zu rauben. Die Sabiner sind Nachbarn; vgl. Livius 9,7 finitimis spectaculum.
6. König Acro von Caenina will den Raub rächen, wird aber im Zweikampf (du-ello) getötet; wohl nach Properz 4, 10,7; Livius 1, 10,2. Der ehrliche Kampf ist ein Gegengewicht zum vorherigen Betrug, also eine Ehrenrettung. Dem Verfasser ist es wichtig, daß Romulus die spolia opima (quae dux duci detraxit) gewann. So wird Romulus zum Staatshelden und gewinnt den Rang eines Triumphators.
Cui dedit hirsutus nomen venerabile cirrus, Quintius hic ille est, rigidis animosus in armis. Is quoque dum curvo sudans penderet aratro, Ante boves meritum meruit dictator honorem; Consulis obsessi partes defendit inertis, Inde triumphalem conscendit agricola currum.
Jener, dem struppiges Kraushaar verlieh den würdigen Namen, ist der Quintius hier, unbeugsam-mutvoll im Kriege. Schweißnaß über den krummen Pflug sich beugend erhielt er, bei seinen Ochsen stehend. verdient den Dictator-Titel, rettete dann das verzagte Heer des belagerten Consuls und bestieg, ein Bauer!, den Wagen als Triumphator.
I. Lucius Quintius Cincinnatus („Lockenkopf“) ein Repräsentant alten Römertums, lebte verarmt von vier Morgen Landes am rechten Tiberufer. 458 v. Chr. wurde er, als die Aequer den Consul Minucius und sein Heer eingeschlossen hatten, zum Dictator ernannt, als er gerade pflügte. Er schlug die Aequer und kehrte am 16. Tag zu seinem Feld zurück. Lob durch Livius 3, 26 f. und Val. Maximus 2,7.
1. Cincinnatus als Träger eines bezeichnenden, ruhmvollen Namens. Er hat einen struppigen Krauskopf, ist aber als Kämpfer unbeugsam und berühmt.
II. Cincinnatus als arbeitsamer Bauer und Dictator. – 3. sudans unterstreicht die Mühe des Pflügens.
4. ante boves: Die Zugochsen sind erwähnt, um den großen Sprung vom Landmann zum Feldherrn zu betonen.
III. Feldherr und Triumphator. – 5. Als 458 v. Chr. die Aequer den Consul Minucius eingeschlossen hatten (obsessi), befreite Cincinnatus das Heer und bestrafte Truppe und Feldherr für ihre Unfähigkeit (inertes). Cincinnatus erhielt den Triumph und die höchste Auszeichnung Roms, die corona obsidionalis, weil er das Heer aus einer Belagerung (obsessio) befreit hatte. Die Krone bestand aus Gras.
Qui fuit en patriae quondam spes ampla ruentis, Hic Senonum propria domuit virtute furores. Vicit et opposito quos clausit Marte Faliscos, Brachia fallaci religato in terga magistro. Quicquid ubique truces bello valuere decenni, Inclita, Veientes, accessit pompa triumpho.
Dieser, die ganze Hoffnung einst des strauchelnden Staates, überwand durch persönlichen Mut die wütenden Kelten. Er belagerte auch mit dem Heer die Falisker, bezwang sie, sandte er doch in Fesseln zurück den verrätrischen Lehrer. Was man dann immer in zehn Jahren Krieg an Schwerem geleistet, wurde zum ruhmreichen Schmuck, Vejienter, bei seinem Triumphzug.
I. Der Retter. Marcus Furius Camillus (446 – 365 v. Chr.) wurde, als die Gallier (Senonen, ein keltisches Volk in der Gallia Lugdunensis) 390 in Rom einfielen, zum Dictator ernannt und vertrieb die Feinde, gerade als die Besatzung des Capitols deren Abzug mit Gold erkaufen wollte. So galt er als Zweiter Gründer Roms.
II. Der Ehrenmann. – 4. Bei der Belagerung der Aequer-Stadt Falerii wollte ihm der Schulmeister der Stadt die Kinder der Vornehmen gegen Geld ausliefern. Camillus lehnte ab und sandte den Verräter mit auf dem Rücken gebundenen Händen (bracchia … religato in terga; vgl. Livius 5, 27,9 manibus post tergum illigatis) in die Stadt zurück, die sich daraufhin ergab.
III. Der Triumphator. Rom führte zehn Jahre lang einen wechselvollen Krieg (bello … decenni) gegen Veii. Camillus eroberte 369 die Stadt, gewann unermeßliche Beute und feierte einen prachtvollen Triumph (Plutarch, Camillus 5.7). – 5./6. Anscheinend Hinweis auf die Kriegs-Ereignis-Tafeln, die beim Triumph mitgetragen wurden und so als „ruhmreicher Schmuck“ (inclita … pompa) zum Siegeszug beitrugen (vgl. accessit). Unklar ist, wer Subjekt von valuere ist, ebenso, was das Verbum eigentlich bedeutet. Vielleicht sind die Taten (vgl. valuere) der Römer bei der Belagerung gemeint; dann ist Veiientes ein – etwa spottender – Vokativ. Daß truces zu Veientes gehört, ist auch denkbar; dann wären die beim Triumph als Gefangene mitgeführten Veienter als hart, trotzig bezeichnet.
Inclita Torquatae dedit hic cognomina genti. Vir ferus ante acies prostrati guttura Galli Perfodiens gladio poscentis voce duellum Abstulit aurati pretiosa monilia torquis. Consulis et Decii bello collega Latino Victoris nati maculavit caede secures.
Ruhmreichen Namen: „Torquatus“ erwarb dieser Mann seiner Sippe, denn in mutigem Kampf durchschlug er zwischen den Heeren jenem Kelten die Kehle, der laut den Zweikampf gefordert. Nur dessen goldenes Halsband behielt er als wertvolles Kleinod. Consul mit Decius war er im Krieg gegen die Latiner, doch er befleckte das Amt: Den siegreichen Sohn ließ er töten.
T. Manlius tötete 361 im Angesicht beider Heere einen gallischen Häuptling im Zweikampf und erbeutete dessen goldene Halskette (torques), wofür er den Beinamen Torquatus erhielt. 340 war er mit P. Decius Mus Feldherr gegen die Latiner und verurteilte seinen Sohn zum Tod, weil er gegen den Befehl gekämpft hatte. Danach siegte er am Vesuv über die Latiner. – Das Epigramm ist in nur einer Handschrift überliefert.
1. Die Kampf-Episode gegen den Gallier ist von dem Annalisten Cl. Quadrigarius (bei Gellius 9, 13) und von Livius (7, 9) geschildert. Unser Dichter hat wohl Quadrigarius benützt, denn er läßt den Gallier an der Kehle (guttur) verwundet werden (Quadrigarius sagt pectus), während Livius treffender von ventrem atque inguina spricht. Beide Quellenautoren reden von maxima voce des Feindes, der die Römer verhöhnte. Die Szenerie ist überall ähnlich: utroque exercitu inspectante beim Annalisten, inter duas acies bei Livius, ante acies im Epigramm.
5. Wegen der Tötung des Sohns sprach man später von imperia Manliana.
Hic est qui vitam patriae devovit amatae. Dum furor oppositos agitaret ad arma Latinos Saevaque crudelem cecinissent classica pugnam, Inter tela aciesque virum cuneosque pedestres Candida sacrata religatus tempora vitta Ante aciem moriens hostilibus occidit armis.
Dieser weihte einst der geliebten Heimat sein Leben, als die rasende Wut die latinischen Gegner zum Kampf trieb und die schreckliche Kriegstrompete zur grausamen Schlacht rief. Zwischen Waffen, kämpfenden Scharen und Keilen des Fußvolks kränzte er sich die weiße Stirn mit heiliger Binde und fiel vor dem römischen Heer durch die Waffen der Feinde.
1f. Sowohl der Vater Publius Decimus Mus wie auch der gleichnamige Sohn haben im Latinerkrieg die sog. Devotio vollzogen und in der Schlacht beim Vesuv (340 v. Chr.; Vater, vgl. Livius 8, 8, 19) und im Kampf bei Sentinum (295; Sohn, Livius 10, 28, 1f.) sich selbst und den Feind der Unterwelt und dem Untergang geweiht. Welcher der beiden Kämpfer gemeint ist, bleibt unklar.
2./3. Die Verse sind „poetische“ Ausmalung.
4. Es scheint sich um einen Kampf mit (feindlichem?) Fußvolk zu handeln (Keilformation; sowohl der Vater (8, 9, 10) wie auch der Sohn (8, 9. 8 equitum agmina; 18 concitat equum) kämpfen zu Pferd.
5. Der Vers (religata tempora vitta) paßt wohl eher zum Vater, der die Devotionsformel bei Livius (8, 9, 5) velato capite spricht (vgl. noch 8, 9, 9 cinctu Gabino).
6. Den Versanfang ante aciem bieten alle drei Handschriften, und Livius sagt vom Vater, er habe conspectus ab utraque acie gekämpft, so daß der Text zu halten ist. Ante diem von Baehrens ist denkbar, weist aber auf den Sohn.
Quid iuvat imperio populos rexisse potenti Fulvaque Mygdoniis ornasse palatia gemmis? Quamquam civis inops, toto notissimus orbe Hic fuit, egregio domuit qui Marte Sabinos. Fregerit ipse licet fulgentis robora Pyrrhi, Pauperiem lato Samnitum praetulit auro.
Frommt es denn wirklich, ganze Völker mit Macht zu beherrschen und den goldnen Palast mit lydischen Steinen zu schmücken? Dieser hier, der im Krieg die Sabiner glanzvoll besiegte, Hohen Weltruhm genoß er, obwohl nur bescheidener Bürger. Hatte er auch die Heere des strahlenden Pyrrhos geschlagen, stellte er doch geringen Besitz über Gold, das man anbot.
Manius Curius Dentatus aus plebejischem Geschlecht schlug 290 v. Chr. als Consul die Samniter und Sabiner. 275 siegte er in seinem 2. Consulat über König Pyrrhos bei Benevent und gewann Unteritalien (274). Dann zog er sich auf sein kleines Gut zurück. Geschenke der Samniter wies er mit den Wirten ab, er wolle lieber über Reiche herrschen als selbst reich sein. Er starb 270.
I. 1. Nützen Reichtum und Macht? Diatribenartige Frage, was es nütze, Völker zu beherrschen und seinen glänzenden Palast mit phrygischem (oder lydischem) Gold zu schmücken. gemmis paßt nicht zu „golden“; evtl. „mit Gold und Juwelen“.
II. 3./4. Curius war ein unbemittelter Bürger, wurde aber doch weltberühmt.
III. Obschon Sieger über König Pyrrhus schlug er angebotene Geschenke der Samniter aus und blieb in bescheidenen Verhältnissen.
Contentus modico tectique habitator egeni Hic erat et renuit devicti munera Pyrrhi, Sprevit et oblatos, Samnitum munera, servos, Respuit immensi locupletia ponderis aera, Horruit infamem scelerata fraude magistrum Pocula pollicitum regi miscere veneno.
Schmaler Besitz war genug dem Bewohner ärmlichen Hauses, der das Geschenk des besiegten Pyrrhos zurückwies. Ebenso gab er die Sklaven zurück, das Geschenk der Samniten, wie auch die unermeßliche Menge von Erz und Silber. Er verabscheute auch den ehrlosen Arzt und Verräter, der ihm versprach, ein Gift in den Trank des Königs zu mischen.
1. Gaius Fabricius Luscinus („der Einäugige“), sprichwörtlicher Vertreter römischer Sittenstrenge, war 282 v. Chr. Consul, 280 Legat und Gesandter, 278 nochmals Consul, 275 Censor.
2. Nach der Schlacht bei Herakleia ging Fabricius als Gesandter nach Tarent zu König Pyrrhos, um über den Austausch von Gefangenen zu verhandeln. Pyrrhos wollte ihn durch Geschenke gewinnen, doch wies Fabricius diese zurück. Darauf entließ Pyrrhos die römischen Gefangenen ohne Lösegeld (Cicero, de off. 1, 38).
3./4. Als Consul besiegte Fabricius 282 und 278 die Samniten und feierte 278 einen Triumph über sie. Die Samniten, die dann als Clienten seinen Schutz genossen, boten ihm 10 Pfund Erz, 5 Pfund Silber und eine entsprechende Anzahl von Sklaven an, doch sandte er alles zurück (Val. Max. 4, 3, 7).
5./6. Das überlieferte Wort magistrum in Vers 5 ist gesichert, denn es ist die Übersetzung von griechisch Archiatros („Meister“) ins Lateinische. Im Jahr 278 erbot sich der Arzt des Königs Pyrrhos, gegen den Fabricius als Consul im Feld stand, den König zu vergiften. Fabricius lehnte ab und lieferte den Verräter an Pyrrhos aus, der daraufhin vom Krieg abstand und nach Sizilien zog. – Von der Ehrenstatue, die man Fabricius auf dem Forum setzte, ist noch ein Teil der Inschrift erhalten: areario praedam intuli. (CIL 06, 37048).
Vir fuit iste ferox, qui torvus fronte verenda Vir fuit egregius et bello clarus et armis. Captivos modici quamquam pauperrimus agri Exemit pretio Poenorum in vincula missos. Is quoque cunctando nisi Punica fregerit arma, Nulla foret Latiis Romana potentia terris.
Dieser war ein furchtloser Mann. Die würdige Stirne Dräute grimmig. Im Krieg war er ein ruhmreicher Feldherr. War er auch unbemittelt, befreite er doch mit dem Gelde, das sein Gütchen erbrachte, die Römer aus punischen Fesseln. Hätte er nicht durch Zaudern die punische Heerkraft gebrochen, hätte Rom seine Macht über Latiums Gaue verloren.
Quintus Fabius Maximus Verrucosus (wegen einer Warze auf der Lippe; später noch: Cunctator) triumphierte als Consul 233 über die Ligurer. Im 2. Punischen Krieg wurde er 217 Dictator und führte gegen Hannibal einen Abnutzungskrieg („zögernd“, Cunctator) bis Ende 217. Nach der Niederlage der Consuln bei Cannae (216) bewährte sich seine Strategie von Neuem. 209 eroberte er Tarent und feierte einen glänzenden Triumph. Er starb 203.
1. torvus weist vielleicht auf die Warze im Gesicht des Maximus hin.
3./4. Nach der listreichen Flucht bei Casilinum (Fackeln an Rinder-hörnern) führte Hannibal mit Fabius Verhandlungen über einen Austausch von Gefangenen (Livius 22, 23, 6), wobei für überzählige Römer bezahlt werden mußte. Fabius verkaufte dafür einen Teil sei-nes eigenen Landgutes (Plutarch, Fab. Max. 7), weil der Senat das Geld dafür verweigerte.
Armorum virtute potens Nero Claudius hic est. Coniunctus Livio Picentis ad arva Metauri Prostravit Libycas memorando Marte cohortes. Fortunate tui, iuvenis metuende, furoris! Ausus es ignari iacere ad tentoria fratris Cervicem Libyci media inter tela tyranni.
Dieser ist Claudius Nero, ein machtvoll-tapferer Kämpfer, der, mit Livius vereint am Ufer des Flusses Metaurus, und in ruhmreicher Schlacht die libyschen Scharen besiegte. Glücklicher Jüngling, der Furcht erregt durch feurigen Kampfmut! Wagtest du doch zu schlafen ganz nah bei Hasdrubals Zelten, der nichts ahnte. Doch drohten die Waffen des libyschen Zwingherrn.
C. Claudius Nero (Cognomen der Sippe seit etwa 250 v. Chr.) war 214 Legat unter Marcellus. 207 wurde er Consul und besiegte gemeinsam mit M. Livius Salinator den Carthager (Libyer) Hasdrubal bei Sena am Fluß Metaurus in der mittelitalischen Landschaft Picenum. Von 201 – 199 war C. Claudius Nero mehrmals Gesandter. Die Geschichte der Schlacht am Metaurus ist bei Livius beschrieben (27, 43 f.).
1. Claudius Nero war ein hervorragender Kämpfer und Stratege (armorum virtute).
2. Er hatte sein Heer, unbemerkt von Hannibal wie von Hasdrubal (Livius 27, 44, 5; duos prope Hannibales) mit dem des Livius Salinator in einem Lager vereint, das bei den „Fluren“ (arva) des Metaurus lag. Die römischen Heere vereinten sich nachts unvermerkt, indem die Hinzukommenden in die Zelte der bereits Lagernden miteinzogen. Daher täuschte sich Hasdrubal am Morgen der Schlacht in der Stärke seiner Gegner.
3. Die denkwürdige Schlacht (Marte memorando) vernichtete die Scharen (römisch bezeichnet cohortes) der Carthager fast völlig.
4. Der tatkräftige (iuvenis), zu fürchtende Mann ist für seinen leidenschaftlichen Einsatz (furor) zu beglückwünschen. Livius berichtet mehrfach von mitreißenden Plänen und Reden des Cl. Nero, besonders von seiner Rede vor der Schlacht (46, 8 f.).
5. Hervorgehoben ist der Wagemut (ausus es) des Nero. Er sagte selbst, man müsse Neues und Überraschendes wagen (43, 7 audendem et novandum aliquod improvisum). – Er wagte es, sein Heer bei den Zelten (nicht wie bei Livius, 27,6, in den römischen Zelten), jedenfalls nahe bei dem ahnungslosen (ignari) Bruder des Hannibal in der Nacht vor dem Kampf schlafen zu lassen (cervicem iacere).
6. Der karthagische Gewaltherrscher (Libyci tyranni) Hasdrubal lagerte nahe bei den Römern, in Wurfweite (inter tela).
Tu primus Libycum Nolae sub moenibus hostem Insidiis periture tuis, Marcelle, fugasti. Cumque Syracusi quondam abnueretur honoris Pompa tibi, Albano gessisti in monte triumphum. Praedonum deprensa manu venerandaque multis Luctibus heu patrio caruerunt ossa sepulcro.
Listig schlugst du als erster den Feind vor den Mauern von Nola, gleichfalls jedoch war es List, die später den Tod dir brachte. Weigerte man dir auch für Syrakus einen Festzug, feiertest du dafür den Triumph am Albanerberge. Dein Gebein, der Verehrung und vielfacher Klage würdig wurde entdeckt von Schurken, ruht nicht in heimischer Erde.
1. Marcus Claudius Marcellus (270 – 208 v. Chr.) kämpfte in Sizilien, wurde 222 Consul und gewann im Krieg gegen die Insubrer in Oberitalien die spolia opima. 216 brachte er Hannibal durch einen listigen Ausfall bei Nola (Livius 23, 43 f.) Verluste bei. Dieser Erfolg und weitere Taten stärkten den Mut der Römer.
2. Marcellus war aber später (208) bei Venusia unvorsichtig, unterlag einer List Hannibals (27, 26. 27; vgl. 27, 26, 2.7) und fiel im Kampf.
3. Zuvor hatte Marcellus 209 bei Canusium gesiegt, 212 Syracus erobert (Livius 25, 31) und große Beute gemacht (Livius 25, 40). Dafür wünschte er – auch für das Heer – einen Triumphzug, doch standen dem militärische, formale und religiöse Bedenken entgegen. Livius schildert die Debatte im Senat über den Antrag des Marcellus (26, 21). Zuerst wurde ihm eine Ovatio (kleiner Triumph, zu Fuß) zugestanden, dann aber doch ein eintägiger Imperatortitel, der ihn wohl zu einem eigenen Triumph auf dem Albanerberg berechtigte. – Zwei Handschriften bieten in Vers 3 die Fassung quondam negaretur, die von Bücheler in quondam abnueretur verbessert wurde.
5./6. Nach dem Tod des Marcellus ließ Hannibal den Leichnam bestatten (Livius 27, 28, 2) und erbeutete dabei den Siegelring des Gegners, mit dem er Nachrichten fälschte (28, 4). Der Epigramm-Verfasser bedauert, daß die ehrwürdigen Gebeine des Marcellus in die Hand von „Plünderern“ (wegen des Rings?) oder Frevlern (jedenfalls Puniern) fielen und nicht ein Grab in der Heimat (patrio sepulcro) erhielten.
Ille ego sum, patriam Poeno qui ex Marte cadentem Sustinui rapuique feris ex hostibus urbes Hispanas, aciem Hannonis magnumque Syphacem Perdomui et fractum totiens armisque repulsum Hannibalem, victorque ferox mihi regna subegi Punica et excelsas altae Carthaginis arces.
Ich bin‘s, der seinen Staat, der mutlos wurde im Kriege, aufrecht erhielt. Ich entriß den grausamen Feinden die Städte Spaniens, unterwarf das Heer des Hanno und schlug auch jenen mächtigen Syphax, dazu den oft schon besiegten und im Kampf überwundenen Hannibal. Tapfer und siegreich unterwarf ich Carthagos Reich und ragende Feste.
1. Publius Cornelius Scipio Africanus Maior (233 – 183 v. Chr.) erhielt im 2. Punischen Krieg 211 dem Kampfauftrag für Spanien, eroberte Neucarthago, schlug die Barkiden und vollendete 206 die Unterwerfung des Landes. 205 wurde er Consul und brachte 203 den Carthagern unter Hanno und dem verbündeten Syphax von Numidien eine schwere Niederlage bei. 201 schlug er Hannibal bei Zama. Dann Friedensschluß mit Carthago.
2. Nach der Niederlage bei Cannae schuf Scipio neues Vertrauen in Roms Kraft.
3. Die von Scipio eroberten spanischen Städte waren Neucarthago, Baecula u.a. (209. 207). – Die Handschriften bieten Hannonisque (acies). Baehrens änderte in aciem Hannonis. Hanno führte ein karthagisches Heer nur in Spanien (241 v. Chr.), wurde aber dann abgesetzt, führte als Feind der Barkiden in Carthago die Friedenspartei und bat nach Zama die Römer um Frieden.
Syphax, König von Numidien, stand zuerst (207) auf Seiten der Römer, trat dann aber Carthago bei. Er wurde 203 von Scipio besiegt und starb später als Gefangener in Tibur.
4. Hannibal wurde von Scipio bei Zama besiegt, wodurch der Krieg gegen Carthago entschieden wurde.
5. regna bedeutet hier nicht „Königreiche“, sondern Herrschaftsgebiete.
6. Carthaginis arces. Vgl. Vergil, Aen. 1, 298 Carthaginis arces; 4, 97 Carthaginis altae. – Die historischen Hinweise in diesem Epigramm sind vage und summarisch.
Et genus et nomen merui virtute feroci Rusticus Arpinas, bellorum maximus auctor. Effera post Numidae quam fregimus arma Iugurthae Cimbrica praeclaros geminavit turba triumphos. Exegi civile nefas servilibus armis. Et mea Sullanos fregerunt arma furores.
Ruhm und Rang erwarb ich mir mit Mut und durch Kühnheit, ich, aus Arpinum, Bauernsohn, überragender Feldherr. Erst schlug ich wilde Haufen des Königs Iughurtha im Kriege, feierte dann den Doppeltriumph über Scharen der Cimbern. Später vertrieb ich den Staatsverbrecher mit Heeren aus Sklaven, und mit Waffen gebot ich Einhalt dem rasenden Sulla.
I. C. Marius als Aufsteiger und Feldherr. 1. Marius (156 – 86 v. Chr.) stammte aus einem Bauerngeschlecht (Rusticus) aus Arpinum. Durch Tapferkeit und Tatkraft (virtute ferox) ragte er im Krieg in Spanien und Afrika hervor, gewann hohes Ansehen (nomen merui) und war eine Autorität im Militärwesen (bellorum maximus autor). Auf ihn geht die Reform des römischen Militärs zurück, das von da an fast nur mehr Berufssoldaten kannte.
II. Marius als Sieger über Iugurtha und die Cimbern. – 3. Marius zeichnete sich im Krieg gegen Iugurtha (111 – 105) als Legat aus. Der König von Numidien war schlau, kriegsgewandt und herrschsüchtig. Marius sorgte später für seine Auslieferung an die Römer.
4. Da nur Marius fähig schien, die Germanengefahr abzuwenden, wurde er von 104 – 101 durchgehend zum Consul gewählt und besiegte die Teutonen bei Aquae Sextiae und die Cimbern bei Vercellae (101). Er feierte einen glanzvollen Doppel-Triumph mit Dankfest (supplicatio).
III. Marius als Politiker. – 5. Er geriet in schweren Streit mit Sulla (um 90), der Rom einnahm und Marius ächtete und verbannte. Sullas Treiben nennt der Dichter civile nefas (öffentliches Unrecht, Verbrechen). Marius wurde dann aus dem Exil von Cinna aus Afrika zurückgeholt, stellte ein Heer aus Sklaven und Samniten auf (servilibus armis) und brach Sullas Toben (furores, 87 v. Chr.), das nicht mit den späteren Proscriptionen zu verwechseln ist. Marius starb im Jahr 86.
Igne calens belli mediaque in caede cruentus Pompeiana phalanx patulis exire ruinis Dum furit et properat claustrorum frangere turres, Scaeva ego Caesarei defendi culmina valli. Dum timet Oceanus praeclari Caesaris arma, Textum pampineae gessi sublime coronae.
Glühend von Kampfmut, blutüberströmt stand ich mitten im Morden, als das Heer des Pompeius mit Wüten durch eine breite Bresche brechen und Sperrtürme hastig einreißen wollte. Damals schirmte ich, Scaeva, den Scheitel der Sperrmauer Caesars. Schon, als man Caesars Waffen am Ozean fürchtete, konnte Ich mir die Ruhmeskrone aus grünen Ranken erringen.
Vielleicht will der Verfasser an Marius und Scaeva zeigen, daß es auch außer der sozialen Oberschicht mutige Kämpfer gab (?). Auch sie besitzen Virtus. – 1. Caesar berichtet in seinem Bellum civile (3, 42 f.), daß er das Heer des Pompeius bei Dyrrhachium einschloß (Mitte Juni 48 v. Chr.). In mehreren Gefechten suchte Pompeius den Belagerungsring zu durchbrechen. An einer Stelle des Mauerrings Caesars zeichnete sich der Centurio M. Caesius Scaeva besonders aus, indem er als Einzelkämpfer die Feinde aufhielt (3, 53, 4 f.). Lucan fügte in sein Epos über den Bürgerkrieg eine eigene Aristie des Scaeva ein, die unser Autor zu kennen scheint.
2. patulis … exire ruinis wohl nach Lucan 6, 122 latis exire ruinis. – 3. Claustrorum frangere turres, vgl. Lucan 6, 123 turres confringere vallo.
Die Heldentat Scaevas wurde von Caesar berichtet und reich belohnt. Ausführlicher beschrieb sie um 30 n. Chr. Valerius Maximus (3, 2, 23), dessen Schilderung der Art Lucans ähnelt. Auch Sueton, Caesar 68, berichtet über Scaevas Tat.
4. Valerius Maximus (3, 2, 24) schildert auch die frühere Großtat Scaevas, der in Caesars Feldzug gegen die Britannier eine Untiefe am Meer gegen zahlreiche Angreifer hielt und, schwer mitgenommen, zum Hauptheer zurückschwamm, wofür er zum Centurio befördert wurde. Möglich, daß Vers 4 des Epigramms an die Stelle bei Val. Max. antönt (?); vgl. dum timet Oceanus … Caesaris arma mit Val. Max. Caesar … Oceani claudere litoribus.
6. Von einer Ehrung Scaevas durch einen Kranz aus Weinlaub (pampineae … coronae. Wann?) wird sonst nicht berichtet, doch erwähnt Caesar reichliche militärische Auszeichnungen für die ganze Cohorte bei Dyrrhachium (militaribusque donis amplissime).
Lucan (10, 530) scheint von Scaeva eine dritte, ähnliche Tat berichten zu wollen: Caesar ist auf einer Mole in Ägypten eingeschlossen, sieht aber (wohl als Retter) Scaeva, der ewigen Ruhm gewann, als „Pompeius die <Belagerungs-> Mauer bei Dyrrhachium betrat“ (546).
Arma tuli quondam toto victricia mundo, Qui pelago Cilicas et Pontica regna subegi. Vis mea, quos profugus commoverat exul ad arma, Bellorum virtute truces prostravit Hiberos. At me post soceri civilia bella cruenti Dextera Septimii Phariis laceravit in undis.
Einst führt ich Waffen, die siegreich waren in allen Ländern, unterwarf auf dem Meer Kiliker, besiegt auch den Pontus. Alle die grimmigen, starken Iberer, die jener Verbannte rief zum Kampf, schlug meine Heermacht gänzlich zu Boden. Doch nach dem blutigen Bürgerkrieg meines Schwiegervaters Mordete mich des Septimius Hand im Meer vor Ägypten.
1f. Cn. Pompeius Magnus (geb. 106 v. Chr.) kämpfte siegreich in einem großen Teil der damals bekannten Welt (toto mundo). Er gewann Siege in Sizilien, Afrika, Oberitalien (77), denen sich der Krieg in Spanien anschloß (hier erst in Vers 3.4. erwähnt). Es folgte der große Krieg gegen die Seeräuber (67).
2. Die Seeräuber wurden gänzlich besiegt bei Korakesion an der kilikischen Küste (pelago; Cilicas). Gleich danach wurde Pompeius (66) durch das Manilische Gesetz (Cicero, de imperio Cn. Pompei) der Oberbefehl zur Führung des 3. Krieges gegen König Mithridates von Pontos (Pontica regna) übertragen: Pompeius siegte glänzend bei Nikopolis; der Krieg endete (63) durch den Tod des Königs.
3./4. Chronologisch gehören Vers 3./4. vor Vers 2. Es handelt sich um den Krieg, den Pompeius gegen die tapferen Spanier (bellorum virtute truces Hiberos) führte (77 – 72). Q. Sertorius, der Anführer der Spanier, hatte sich im Cimbernkrieg ausgezeichnet und kämpfte im Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla (88 – 81) gegen die Sullaner, wurde aber vertrieben (profugus, exul). Er kehrte später zurück und schuf sich ein Heer (commoverat ad arma) aus Spaniern und römischen Flüchtlingen, mit dem er u.a. gegen Pompeius kämpfte (nicht ohne Glück; prostravit Hiberos ist aber eine Übertreibung). Den Krieg entschied die Ermordung des Sertorius (72).
5. 6. Im Bürgerkrieg gegen seinen Schwiegervater Iulius Caesar (soceri civilia bella) wurde Pompeius bei Pharsalus besiegt (48) und als Flüchtiger bei Pelusium in Ägypten (Phariis undis) von L. Septimius im Auftrag des Königs von Ägypten ermordet (Caesar, Bell. Civ. 3, 104,2). Das Epigramm erweckt den Eindruck, der große Feldherr habe durch Blutdurst und Heimtücke geendet.
Cerne hic ora sacri semper veneranda Catonis! Libertate potens animoque invictus et armis Avius incerto peragravit tramite Syrtes; Libertatis enim dulcedine captus amatae, Ne sua servitio premerentur colla tyranni, Fortia crudeli penetravit pectora ferro.
Sieh hier das Antlitz des stets zu verehrenden, heiligen Cato! Stark in Freiheit, unbesiegt im Geist und im Kampfe zog er einsam auf dem gefahrvollen Weg durch die Syrten. War er doch entflammt von Liebe zur herrlichen Freiheit, und um nicht den Nacken dem Joch des Tyrannen zu beugen, stieß er sich in die tapfere Brust das grausame Eisen.
1f. Marcus Porcius Cato Uticensis, der Urenkel des Censors, (95 – 46 v. Chr.), römisch-aristokratischer Patriot und Stoiker, kämpfte als Verteidiger der Freiheit gegen Caesar und setzte nach der Niederlage bei Pharsalos den Kampf für die Republik fort. Er führte ein caesartreues Heer in 7 Tagen von Kyrene durch die Wüste bei den Syrten zu Caesars Gegner Juba (von Lucan eindrucksvoll beschrieben, 9, 303 f., 587 f.). Nach Caesars Sieg bei Thapsus beschloß Cato den Freitod, las Platons Buch „Über die Unsterblichkeit“ (Phaidon) und stieß sich das Schwert unterhalb der Brust in den Leib (Plutarch, Cato der Jüngere 70).
Ille hic magnanimus, qui claris arduus actis Non timuit generum nec inertia signa senatus; Ne sibi Gallorum raperetur pompa triumphi, Intulit invitus per civica viscera ferrum. Vis invicta viri reparata classe Britannos Vicit et hostiles Rheni compescuit undas.
Dies ist der Großgesinnte, der, stolz auf ruhmreiche Taten, nicht den Schwiegersohn fürchtet, nicht auch des Senats schwache Heere. Daß man ihm den Triumph über Gallien nicht entreiße, stieß er, der Not gehorchend, das Schwert in den Leib der Bürger. Unbezwingliche Tatkraft behob die Schäden der Flotte, siegt über die Britannen und bändigt den feindlichen Rheinstrom.
1. C. Iulius Caesar wird als Hochgesinnter (magnanimus) eingeführt, der auf Grund seiner ruhmreichen Taten (claris actis) stolz und überragend dasteht (arduus).
2. Er hatte nicht Furcht vor seinem Schwiegersohn Pompeius, der mit ihm um die Macht im Staat kämpfte, nicht auch vor den untüchtigen Truppen (signa, Feldzeichen) des Senats, der ihn im Bürgerkrieg zum Feind des Vaterlandes erklärte.
3./4. Caesar hatte sich (noch) nicht um einen Triumph über Gallien beworben (wie Vers 3 sagt), sondern wollte sich für das nächste Jahr zum Consul wählen lassen; der Senat hatte ihn aber, unterstützt von Pompeius, aufgefordert, sein Imperium niederzulegen und zur Bewerbung als Privatmann nach Rom zu kommen. Caesar begann daher unfreiwillig (invitus) den Bürgerkrieg (49). Den Triumph über Gallien feierte er erst im Jahr 45. – Zu Vers 4 per … viscera ferrum vgl. Lucan 2, 148 per viscera ferrum.
5. Caesars unbesiegliche Energie (vis invicta) besiegte die Britannier (Bell. Gall. Buch 5). Seine Flotte war bei dem Invasionsunternehmen durch Sturm beschädigt worden, doch ließ er sie rasch wiederherstellen (reparata classe; vgl. Bell. Gall. 5, 231 naves … refectas.
6. Eine vergleichbare technische Hochleistung bedeutete die Einrichtung einer Brücke über den Rhein, der feindlich ist oder gefährlich (hostiles … undas). Die Feinde sind die Germanen.
Quae mihi, sancte, dabit grandes expromere laudes Musa tuas? Iam pauca canam. Tu Caesaris alti Ultus es indignam memorando nomine mortem, Actiaco et Pharias superasti in gurgite classes, Tranquillumque tuis faciens virtutibus orbem Clausisti reserata diu sua limina Iano.
Welche Muse, würdiger Held, hilft mir, deinen großen Ruhm zu verkünden? Vorerst nur in Kürze: Du rächtest den Tod des herrlichen Caesar (der Mörder verdient nicht, genannt zu werden), hast auch Ägyptens Flotte besiegt in Actiums Fluten, schenktest durch deine Tatkraft der Welt dann Ruhe und Frieden, schlossest am Ianustempel die lang schon geöffneten Tore.
1. Gaius Iulius Caesar Octavianus (63 vor bis 14 nach Chr.), der Großneffe Caesars, war von diesem adoptiert (45) und zu seinem Haupterben bestimmt worden. Nach Caesars Ermordung erkämpfte er sich Macht und Vertrauen in Rom (Befriedung Italiens, Sieg über die Dalmatier u.a.), bestrafte bei Philippi Brutus (42) und errang schließlich im Entscheidungskampf mit seinem Gegner Antonius die Alleinherrschaft im römischen Reich (31 v. Chr. Schlacht bei Actium).
Der Verfasser der Epigramme scheint Caesar und Octavian besonders zu schätzen. Caesar nennt er altus (hoch, erhaben), den Großneffen sanctus (geheiligt, ehrwürdig), und zum Preis Octavians ruft er sogar die Muse zu Hilfe und spricht den Kaiser durchgehend persönlich an. Die Anrede sancte könnte an den Beinamen Augustus erinnern (seit 27 v. Chr.).
2. iam pauca etwa: Vorerst nur Weniges.
3. Der Vers ist wohl so zu verstehen, daß der Mörder Caesars nicht würdig ist, mit Namen genannt zu werden (damnatio memoriae). Die Auffassung, der Mord sei so zu verabscheuen, daß man ihn nicht sprachlich darstellen (memorando) könne, ist kaum zu vertreten.
4. Augustus siegte (durch Agrippa) in der Seeschlacht bei Actium gegen Antonius und Cleopatra, deren 60 ägyptische Schiffe mit der Flucht vor der gegnerischen Flotte begannen, gefolgt von denen des Antonius.
5. Augustus betont in seinen eigenen Res gestae (13), er habe die Tore des Ianus-Tempels mehrfach schließen können, nachdem er im ganzen römischen Reich zu Lande und zur See Frieden geschaffen hatte.
Claudius egregie vixit privatus et insons Imperiis, Auguste, tuis; simulataque virtus …
Claudius lebte in Ehren als unbescholtener Bürger unter deiner Regierung, Augustus. Geheuchelte Tugend …
1. Tiberius Claudius Nero, römischer Kaiser (42 v. – 37 n. Chr.), Stiefsohn des Kaisers Augustus, war seit 123 v. Chr. mit Iulia, der Tochter des Kaisers, vermählt. Deren Ausschweifungen und die Bevorzugung ihrer Söhne Gaius und Lucius bewogen ihn, sich im Jahr 6 v. Chr. in ein freiwilliges Exil nach Rhodos zu begeben (privatus), aus dem er erst 2 n. Chr. zurückkehrte. 4 n. Chr. Wurde Tiberius von Augustus adoptiert und als Nachfolger designiert.
2. Die Regierung des Tiberius war lange für die Provinzen und Rom förderlich; erst später trat eine Willkürherrschaft, besonders gegenüber dem Senat, ein. Die geheuchelte Tugend (simulata virtus) kann vieles meinen, hier vielleicht die anfängliche Bescheidenheit und Gesetzestreue (Tacitus, Ann. 1, 7,3 tamquam vetere re publica; 8 ,5 adroganti moderatione) des Kaisers.
Caesareos toto referens hic orbe triumphos Notus erat, mundi qui pro pietate gementis Inclitus extremos penetravit victor ad Indos, Belligerosque Arabas et Colchos sub iuga misit, Armeniam et Parthos pepulit Babylone subacta Et dedit Albanis regem, quos vicerat armis.
Dieser gewann in der ganzen Welt caesarische Siege und auch Ruhm. Seiner Pflicht bewußt für die klagende Menschheit drang er vor bis zum Rand der Welt bei den Indern, unterjochte die streitbaren Araber und die Colcher, nahm auch Babylon ein und schlug Armenier und Parther, gab den Albanern, die er im Kampf besiegt, einen König.
1. Marcus Ulpius Traianus (53 – 117) war ein Kaiser von hohem Verantwortungsgefühl und bemühte sich unablässig, Wohlfahrt und Glanz des Reichs zu erhöhen. Dies bezeugt auch sein Briefwechsel mit dem jüngeren Plinius.
Der Verfasser des Epigramms blickt mehr auf den Strategen und Feldherrn. Traian eroberte Dacien (daher die Traianssäule) und bekämpfte die Parther erfolgreich, starb aber im Jahr 117, als Aufstände von Juden und Ägyptern ausbrachen.
2. Schwer verständlicher Vers. Die Welt seufzt, und Traianus kommt ihr mit Pietas (Pflichtbewußtsein oder zum Schutz von Frieden und Recht?) zu Hilfe.
3. Inder: Traian kam im Krieg gegen Mesopotamien nur über den Tigris bis Ktesiphon und Charax am persischen Golf (113), nicht wirklich nach Indien. Im Jahr 115 machte er Mesopotamien zur römischen Provinz.
4. Arabas: Der Kaiser hatte Arabien bereits 106 annektiert. – Colchis, an der Ostseite des Schwarzen Meeres gelegen, wurde ebenfalls eine Provinz des Römerreiches.
5. Armeniam: Im Druck steht Armenia, das dann im Ablativ stehen müßte und mit subacta zu verbinden wäre, was kaum denkbar ist. Daher wird in Armeniam verbessert. Traian führte ja 113 Krieg gegen die Parther (4), wobei er Armenien (115) und Mesopotamien zu römischen Provinzen machte (s. oben zu Vers 3).
5. Albani; Es kann kaum der Stamm Albani westlich des Kaspischen Meeres sein (Kiepert II). Von Königen ist bei Traian nur vom Dacerkönig Decebalus (der sich tötete) und vom König Parthamasiris von Armenien (den Traian töten ließ) die Rede. Am ehesten ist an Decebalus zu denken. Die Dacer erhielten aber einen römischen Statthalter.