Übersetzungen

von Otto und Eva Schönberger

Pamprepios von Panopolis: Ein Tag im Spätherbst


[Ein Tag im Spätherbst. Tageszeiten und Tätigkeiten]

[Vorrede]

…durch das Lied;
denn wo die Worte zusammenstimmen.
lenken sie bedachtsam den beweglichen Geist der Dichter,
ermutigen ihn aber auch zu dem Wagnis,
5<Tages>zeiten zu besingen und Tätigkeiten zu schildern,
auf dass die Mühen des Dichters gelingen.

[Prolog]

Heute umtönt mich eine Weise, nicht wie von Flöten,
auch nicht wie das Echo, das der siebenstimmigen Leier antwortet
und süßen Schall der Melodien zurückgibt, auch nicht jene Weise,
10die am Hang des Weissagungsberges <Parnassos> der singende Schwan
ertönen läßt und sich die ganze Mühe des Greisengesangs erspart,
indem er den Wind in seine aufgestellten Flügel hauchen läßt;
nein, es ist die Weise des aus dem schneereichen Thrakien
wehenden Windes, der über Fluten des winterlichen Meeres einhertanzt
15und ein rauschendes Morgenlied singt. Berückend aber besingt er
den schimmernden Glanz Phaethons …
mit heftigen Regengüssen …
und des Hundssterns sengende Glut …
von wässrigen Schneeflocken tropfend …
20Denn durch den Regenschleier erblassen sogar die Sterne, und nicht
mehr <sieht man Selene>, des Helios dunkeläugige Gefährtin,
da <der Himmel>, erkaltet, von Wolken verhangen war;
nicht mehr umrandet Morgenröte den nächtlichen Kranz der Sterne.

[Die Jahreszeit]

Eben noch schimmerten im Osten schneeige …,
25fruchtbringenden Regenguß vom Himmel vertrieben
die Pleiaden aber ließ die drehende Himmelsachse verschwinden;
nicht mehr <uns> erscheint … ihr Glanz,
sondern den Antipoden. Als letzte aber
zogen am westlichen Ufer des unendlichen Ozeans
30die <Zwillings>Söhne der lakonischen Leda glänzend dahin.
… des wiederkehrenden Laufes
32
33… <das Sternbild> des Drachens …
34, 35[es fehlen etwa 10 Verse]
36Jahre des Gebärens in wechselnder Reihe

[Hagelsturm vor Sonnenaufgang]

säte winterlicher … landliebender …
Da ergießt ein bräutlicher Schauer liebender Regengötter
seine Brautgaben über das Bett der fruchtbringenden Erde
40und trifft die Furche, die, wohlgepflügt, Nahrung erhoffen läßt.
Und ein Hirte, der in den Bergen nahe den Hürden die Herde weidete,
sah an den Wolken, daß ein Hagelsturm drohte,
günstiger Vorbote fruchtbringenden Regens, und er trieb seine
Kalbinnen, denen man die eben überstandenen Geburten noch ansah,
45in eine regengeschützte Höhle am Fuß einer ragenden Bergwand.
Er legte sich den zottigen Umhang aus der Haut eines gehörnten Rindes
um die Schultern, schlüpfte auch selbst unter den Felsrücken und blies
der Herde auf der Flöte etwas vor, doch tönte die Syrinx nur schwach,
weil der Hirte nur schwach blies. Das Lied unter dem Felsdach
50… ertönte … der Nacken der Stiere
… Schnee fiel und bestreute
… noch immer die Nymphen
… der Herbst geht zur Neige
… der Pflanzungen … mehrte sich
55…<glich> nicht dem Arm eines Weibes …
… pflückten … des Hagels
… des pflanzennährenden Gebärens
Eine <Baumnymphe entwirrte> verschlungene Zweige auf ihrem Haupt
und schüttelte welkes Laub nach allen Seiten herunter.
60Eine andere nahm am Gipfel eines beschneiten Hügels
mit kahlen Ästen fruchtbringendes Wasser auf.
Dichte … Hagel entsendender …Wolken
und Baumrinde …
64
65… Schnee bedrängte die Nymphe
… Wasser, das mit vielen Schlossen vermischt war.
Zwar entging sie nicht der körnigen Last, doch empfing sie
freudig den hüllenden Schnee als nötige Nahrung des Waldes.

[Durchbruch der Sonne. Vormittag]

Nicht aber lange noch sollte sie den rauschenden Regen ertragen,
70nicht mehr vom Schleier des wässrigen Schnees umhüllt sein;
schon erschien ja ein Kreis inmitten der Wolken,
gerötet am Rande, und zarte Helle erblühte,
die sich dort, wo das Gewölk zurückwich, ausbreitete
… und einen Zugang erschloß, und erst leuchtete die Sonne
75… nur wie die kuhäugige Selene; als sie aber
ganz erschien, traf sie die Berggipfel wie mit Pfeilen.
… doch zerstreute sie nur mit Mühe das Gewölk,
das oben sich wälzte, den dunklen Ursprung des Reifes.
Die ganze Erde lächelte, von neuem lächelte die ruhige See.
80 Die Sonne aber erwärmte die von neuem Glanz erfüllte Luft,
und von neuem sprang der Delphin empor,
der halb in der Luft und halb in den Wogen das Meer durchpflügte.
Die Brüste der Nymphen aber umfloß allnährende warme Helle,
die gegen den Schnee ankämpfte, und so ging der Zustand des Hagels
85 über in strömenden Regen, der Schnee fiel zur Erde;
besiegt vom wärmenden Glanz, besiegt von der Wärme schmolz er
zu vielen schimmernden Tropfen, gab den Kampf gegen das Licht auf.
Die Quellmünder brausten, bedrängt von den Massen
der vom Himmel stürzenden Fluten.
90 Die strömenden Brüste <der Quellen> strotzten von Fülle; aus dem
Sturzbach sprang die Flut zurück, wo im harzduftenden Wald
Baumnymphen in der Erde wurzelten, an Alter gleich ihren Bäumen.
So nun sprach eine Baumnymphe, die aus dem Laube hervorsah,
zur nahe wohnenden rosenarmigen Quellnymphe:
95 „Sei mir gegrüßt, liebe Tochter des Urvaters Okeanos,
Königin der Pflanzung! Was soll mir das viele Wasser,
bin ich doch schon beschwert von den Gaben schwarzbusiger Wolken.
Siehst du nicht, welcher Regenschwall auf mein Laubhaar <stürzt>
und in meinen Flechten herabtrieft?
100 Woher, meine Beste, hast du so argen Schwall? Doch wozu streitende
Worte? Zwar kränkt anfangs die Rede, doch ist man später auch klüger.
Bald kommt ja die Zeit, wo einmal …,
und dann ist es Zeit für deine schätzbare Gabe.
Dann, beste Herrin, ergieße fruchtbaren Schwall auf die Felder,
105 die wieder dürsten! Dann ist deine Wohltat willkommen.“
So sprach sie lächelnd, umstrahlt von vieler Anmut,
die einlud zu neckendem Wortstreit. Schwebend aber im nahen Wasser
tauchte die Flußnymphe auf bis zur Brust
und wollte der Baumnymphe scherzend entgegnen.
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[Mittag. Nachmittag. Demeterfest und Feldbestellung]

… zum nun beginnenden fruchtbringenden Werk der Pflüge,
und sie schirrten die ausdauernd arbeitenden Rinder an die Deichseln.
Nun hält nach dem Schneeflockentanz der Eroten am Himmel
115 die nährende Deo mit Ares, dem Pflüger der Erde, Hochzeit.
Alle taten Gelübde, ein jeder sorgte für Opfer.
<Man bereitete> den Altar für Demeter, und zum Opfer
Folgte willig der Stier, der im Gebirge geweidet, dem Stab des Hirten;
Auch.. eine Schar <von Ziegen> folgte eifrig dem Hüter,
120 der die harzduftende Flamme der eleusinischen Fackel entzündet hatte.
Landleute kamen zusammen, umringten den Altar
… und legten Ährenbüschel als Schmuck darauf,
glückverheißende Vorzeichen künftiger Ernte.
Es sangen die Alten, die Jungen aber tanzten dazu,
125 verehrten die Gastlichkeit des großen Keleos und
besangen auch die freundliche Art der Herrin des rarischen Feldes,
deren Huld die Sterblichen schätzten …,
da sie den Menschen freundlich begegnete….
Sie hatte dem Triptolemos Drachen vor den Wagen gespannt
130 und das mannhafte Volk der Athener gelehrt, das Saatfest zu feiern.
So nun wars bei den Opfern. Die Rinder aber rissen mit eisernem Pflug
das Brachland tief auf, und auf beiden Seiten
des Gespanns schlug der Pflüger lenkend die Flanken beider Stiere;
um die Hüften hatte er sich die Zügel gebunden,
135 die die weit offenen Nüstern <der Tiere> umschlossen.
So führte die allbezwingende Natur mit gefügig machender Kunst
das Geschlecht der Rinder von den Bergen zum Pflug,
das <an Art> gleiche Kinder gebärend hervorbringt.
Der <Pflüger aber> riß lange Furchen in die breite Erde,
140 indem er den fetten Boden in Reihen wendete, schritt bedächtig
und drückte mit schwerer Hand <die Schar> in die Furche, damit nicht
ein verborgener harter Stein den Pflug hemme und die Arbeit aufhalte.
… … zur Tränke gehend
Da warf er <Samen> …, um seine Sippe zu nähren,
145streute nach beiden Seiten pflanzenzeugende Gaben der Göttin <Deo>.

[Arbeit am Vorabend. Preislied]

Auch umgrenzte er das Weizenfeld mit einem Zaun, blieb noch dort und
vertrieb mit dem Stock die feindliche Schar kornfressender Kraniche,
die scharenweise einfielen, und begann ein Lied,
… indem er ein thalysisches Dank- und Preislied <für Deo> sang.
150… das heilige Geschlecht … denn, wie ich glaube,
… kann wohl sich mit Seligen messen
… wer könnte heilige Saaten gedeihen lassen?
… Große Hoffnung hegen wir, so sei uns gnädig,
… hochbeglückt, du hast die herrlichen Weihen noch nicht erlebt
155 … brannte …
… vielfach angeflehte Königin, zeige dich gnädig!
… magst mir … gedeihen lasen
anzusehen … auch die Arbeit im Herbst, das Binden der Garben.
Also sang der Alte; sein Lied aber erwiderte ein Mädchen, das
160 nahe die Herde weidete. Doch sah man nicht, daß es ein Mädchen war,
trug es doch Männerkleidung und Männerschuhe mit Riemen.
Sie hatte sich eng geschnürt und mit weitem Gewand verhüllt,
hatte auch einen Hirtengürtel umgebunden. Ihr Haupt aber umwallten
ringsum Locken, die sie eben auswand,
165 sich dabei aber den starken Rücken gänzlich benetzte;
doch die Abendsonne trocknete nicht den triefenden Rücken.
Also verließ sie den kühlen Waldpfad
und erstieg einen sonnenwarmen Hügel, und da
auch ihr Gewand rundum durchnäßt war, enthüllte sie der
170 Sonne die Glieder hinab bis zur Fuge der wohlgewachsenen Schenkel.
Doch vergaß sie nicht ihre Herde, sondern <rief> ein schweifendes
Muttertier, das junge Triebe schön verzweigter Dornbüsche suchte,
… an den Hörnen ziehend …
der milchsaugenden Zicklein … der Mutterziege (?)
175Sie umfaßte sanft das strotzende Euter,
molk die strömende Milch und brachte Gott Pan das Trankopfer.

[Sonnenuntergang. Abend. Gewitter]

Schon schlugen Phaethons Pferde, um aus dem Westmeer zu trinken,
die Bahn im Äther mit dröhnenden Hufen
und zogen den <schon> dunklen, taufeuchten Wagen hinab.
180 In der Luft aber sammelten sich nun wieder neblige Dünste,
die von der Erde emporstiegen; alle die fest gegründeten
Sterne verschwanden; der Mond war nicht mehr zu sehen.
Droben tobte ein gewaltiger, donnernder Sturm,
fuhr heftig daher, und Feuer zuckte aus Wolken,
185 die von beiden Seiten hereinbrachen und übereinander stürzten.
Da hob ein Vater den kleinen Sohn zur Brust empor und drückte ihm
beide Hände auf die Ohren, damit er das Krachen nicht höre,
wenn in der Höhe die Wolken zusammenstießen.
Der Äther erdröhnte. Auch ein Mädchen, das schon ein
190 langes Gewand trug, rief bebend nach seiner Amme.
Die Erde jedoch ertrug die Wehen ihrer fruchtgebärenden Flanken
und vertraute … dem Himmel und den Wolken … an.

[Epilog]

Ihr aber, bleibt mir gewogen und
entlaßt mich mit gutem Geleit … da ich unternehme
195Mich ruft ja Kyrene, es zieht mich mächtig Apollon
hin zum Schoß seiner Nymphe <Kyrene>, der großen Jägerin.
Auf denn, Freunde, zum Sitz des kriegerischen Ptolemaios,
wohin mich die Libyschen Musen immer noch rufen.